Die emotionale Bindung an Habseligkeiten

Die emotionale Bindung an Habseligkeiten

Warum fällt es uns so schwer, uns von Dingen zu trennen, die uns eigentlich nicht gefallen, die wir aber von einem lieben Menschen geschenkt bekommen haben? Schuld ist das schlechte Gewissen.

Meine Oma schenkte mir eine kitschige und viel zu große Vase zum Einzug in meine erste eigene Wohnung. Ich fand sie scheußlich, trotzdem tat ich so, als würde ich mich freuen, ich wollte meine Oma nicht vor den Kopf stoßen. Nie benutzt stand das Monstrum immer ganz hinten im Schrank und nahm nur Platz weg. Bei jedem Umzug – und ich bin wirklich sehr oft umgezogen – packte ich sie ein und wieder aus. Ich wusste, ich werde sie nie auf den Tisch stellen, trotzdem konnte ich sie nicht weggeben, war sie doch von meiner Oma, die ich so liebe hatte.

Das schlechte Gewissen spielt eine große Rolle in unserem Leben. Es wegzugeben könnte ja bedeuten, dass die Person, von dem ich das Geschenk bekommen habe, mir nicht (mehr) wichtig ist.

Falsch. Ein Geschenk hat in dem Moment, in dem es übergeben wird, seine Bestimmung erfüllt. Natürlich entsorgen wir es nicht gleich, wenn es uns nicht gefällt, meist stellen wir es erstmal irgendwo ab. Dort muss es aber nicht für alle Ewigkeit aufbewahrt werden. Sie dürfen sich von Dingen trennen, die sie nicht mehr möchten. Sie belasten nur. Nehmen Sie es in die Hand und bedanken Sie sich in Gedanken ein zweites Mal beim Schenker und geben es dann weg.

Beim letzten Umzug habe ich die Vase aussortiert und sie auf dem Flohmarkt für 5 Euro an eine ältere Dame verkauft, die sehr glücklich mit diesem Porzellanungetüm unterm Arm nach Hause ging. Ich war das Ding los und habe jemanden damit eine Freude bereitet.

Meine Oma ist letztes Jahr mit 98 Jahren gestorben. Habe ich es bereut, eine Erinnerung an sie auf dem Flohmarkt verscherbelt zu haben? Nein, ich brauche keine materiellen Dinge, um mich an meine Oma zu erinnern, denn sie ist für immer in meinem Herzen.

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